Liebe Leserinnen und Leser,
ich muss gestehen, dass ich mich leider viel zu oft dabei erwische, wie ich mit dem Handy auf Facebook unterwegs bin. Manchmal stoße ich dort allerdings auch auf Einträge, die mich nachdenklich stimmen. So fragte jemand, was für die Leserinnen und Leser in ihrer Kindheit Luxus war. Die Frage war auf Englisch gestellt, und die Antworten fielen entsprechend international aus. Ich dachte für mich spontan daran, dass Markenkleidung früher außerhalb meiner Reichweite lag. Neugierig las ich die Kommentare der anderen und stockte. Mehrere Nutzer:innen teilten mit, dass in ihrer Kindheit eine Schultasche Luxus war und sie ihre Habseligkeiten in einer Plastiktüte trugen. Für andere galten neue Kleidungsstücke oder Schuhe als unerschwinglicher Reichtum. Das, wonach sich Menschen sehnen, ist äußerst unterschiedlich und oft viel grundsätzlicher, als wir es erwarten. Auch bei uns in Malstatt leben viele Kinder unter der Armutsgrenze. Es sind freilich nicht nur Kinder, gleiches gilt unter anderem für Senioren mit ihrer winzigen Rente. Was antworten die Menschen bei uns auf die oben gestellten Frage? Vielleicht geht es nicht immer um Materielles, sondern auch um etwas Gesellschaft gegen die Einsamkeit, um ein offenes Ohr. Vieles kann Menschen in den Sinn kommen, wenn sie gefragt werden, was für sie Luxus bedeutet, oder auch einfach etwas
Lebensqualität und das Gefühl zur Gesellschaft dazuzugehören und beachtet zu werden.
Wichtig erscheint mir, dass die Menschen sich selber äußern dürfen, und auch die Kinder, bzw. die schwächeren Glieder unserer Gesellschaft zu Wort kommen. Für uns seitens der Kirche, stellt sich die Frage, wen wir fragen,
wonach sie sich sehnen, umd wem wir unser Gehör schenken. Geben nicht viel zu oft jene den Ton an, die am lautesten etwas einfordern und ihren Willen mit dem entsprechenden Einfluss durchsetzen
können? Oder erhalten auch die vielen anderen Gehör - die Stillen und sogar diejenigen, die von der Kirche kaum noch etwas erwarten? Die nicht unsere Gottesdienste füllen? Unsere Gemeinden werden kleiner und verlieren an Einfluss. Umso wichtiger für die Zukunft scheint mir die Frage, worauf wir unseren Blick lenken wollen, und von wem wir hören wollen, was er oder sie von uns braucht. Jesus geht mit seinem Beispiel voran. Er fragte entgegen der Erwartung seiner Jünger den Blinden am Straßenrand, was er für diesen tun sollte und hörte ihn an. Auch die Gesellschaft misst die Kirche schließlich daran, wie sie sich den Mitmenschen und besonders den Benachteiligten gegenüber verhält. Oder wie es der französische Bischof Jacques Gaillot einst ernüchternd treffend formulierte: Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts.
Ihre Gemeindereferentin
Marion Bexten